"Genug", sprach König Artos, schwang sich trunken auf sein Ross.
"Ich raube meine Holde aus des Königs Edwards Schloss.
Sie schrieb mir süße Briefe, voller Liebe, voller Lust,
mir ist's als ob sie riefe: 'komm und rette mich, du musst!'"
Allein und frohen Mutes ritt der König im Galopp,
im Wald rief ihm ein Kobold: "Halte ein, oh König, stopp!
Die Frau in deinem Herzen dient des König Edwards Heer,
schon wetzt der alte Herrscher voller Hohn an seinem Speer."
"Dir Gnom mag ich nicht glauben", sprach da Artos mit Verdruss,
"zählst nicht zu meinen Freunden und misgönnst mir den Genuss.
Die Holde sitzt im Kerker und verharrt in stiller Not,
verweile ich hier weiter, heißt's am Ende, sie sei tot!"
So riss er an den Zügeln und befeuerte sein Ross
mit Peitschenhieben trieb er's zu des fernen Königs Schloss.
Sein Weg führte durch Sümpfe, über Berge,Täler, Au'n,
sein Wille trieb ihn vorwärts, doch schon schwand ihm das Vertrau'n.
Was, wenn der Kobold warnte, ohne jedes böse Ziel?
Was, wenn er ihn umgarnte, weil ihm Missgeschick gefiel?
Am Ende war die Holde nur ein Puzzlestein im Plan,
am Ende hatte Edward eine Falle aufgetan.
Da grübelte nun Artos, ritt durch's morgendliche Rot,
am Wegrand saßen Weiber, manche bettelten um Brot.
Er wandte sich an eine, mit gewelltem rotem Haar.
Er fragte sie: "Sag, Hexe: Ist mein Weg noch recht und wahr?"
"Du suchst nach deiner Liebe", gab die Schöne ihm zurück,
"wie kann das jemals falsch sein? So gedieh noch stets das Glück.
Dass Edward dich erwartet, ist dem Volke wohl bewusst,
doch liebst du seine Tochter, weil du's fühlst und weil du musst."
Der König, er ritt weiter, folgte gern des Weibes Rat,
doch flüsterten ihm Stimmen, "im Orakel liegt Verrat!"
Verlockte ihn die Schöne wohl im Auftrag ihres Herrn?
War sie's, die ihn verhexte? Sandte sie ihm ihren Stern?
Zu weit war er geritten, eine Umkehr lohnte nicht,
Im Nebel seiner Zweifel kam das Schloss schon bald in Sicht.
Es thronte in den Bergen, mit fünf Türmen wohl bewehrt,
als Artos sie erblickte, hätt' die Furcht ihn fast verzehrt.
Wie sollte er sie retten, seine Blume, seine Fee?
Würd' Edward ihn ergreifen, tränkte bald sein Blut den Schnee.
Er fasste allen Mut und trieb sein Roß den Berg hinauf,
die Nähe seiner Holden war schon allzu schwer erkauft.
Ein Felsgeist, dunkel grollend, stellte sich ihm in den Weg,
er fragte: "Herr, was suchst du? Ist's die Liebe, dann beleg's!
Ich glühe tausend Grad heiß, reite tapfer auf mich zu!
Beseelt dich deine Liebe, dann verschwinde ich im Nu!"
Vom weiten Ritt gezeichnet, gab sich Artos selber auf,
drum nahm er auch sein Ende ohne Hadern gern in Kauf.
Der Felsgeist wich dem Reiter, wie er's ihm zuvor gesagt,
und Artos stand vorm Schlosstor, von den Mühen schwer geplagt.
Die Tore schwangen seitwärts, als ein Jubel ihn umfing,
Da harrte König Edward, dem's als Recke ähnlich ging.
Er führte seine Tochter, durch die Menge, Hand in Hand,
verneigte sich vor Artos, dem der letzte Zweifel schwand.
Da stand sie, seine Liebe, schöner als er sie erträumt,
und Edward gab den Segen, den der Mutlose versäumt.
Zwei Reiche wurden eines und zwei Leben wohl vermählt,
das forderte die Liebe, deren Weg der Weise wählt.
Die Wirrungen des Lebens fordern oftmals wahren Mut.
Dem Edlen sei geraten: "Bleib' vor Feigheit auf der Hut!
Sie nährt in dir den Zweifel, dem das Glück gewandt entflieht.
Bleib stur wie König Artos, gleich was dir dabei geschieht..."