Sonntag, 17. Juni 2012

Die Vampirprinzessin


In Böhmen prangt ein Zauberschloss,
weit oberhalb der Moldau.
Legenden ranken um den Spross
der Herrscherin von Krumau.

Sie war eine zu Schwarzenberg,
genannt Eleonore.
Was sie gebar, war Teufelswerk,
so sang‘s das Volk im Chore.

Zu lange blieb sie ohne Sohn,
ihr Stammbaum, er erlahmte.
So tat sie vieles, Gott zum Hohn,
vor dem der Priester warnte.

Im Schlosshof hielt sie Wölfinnen,
ließ diese nächtlich melken.
Sie trank die Wolfsmilch, gab sich hin
und bannte so ihr Welken.

Bald war sie zweiundvierzig Jahr,
gebar des Fürsten Jungen.
Das schien dem Volke sonderbar,
dem Teufel abgerungen.

Schwester der Finsternis, Tochter des Unheils!
Was du verbrochen hast, harrt noch des Urteils!
Lebtest in Prunk und Ruhm, über den Armen!
Gabst dich dem Teufel hin, ohne Erbarmen!  

Aus Rache schlug das Schicksal zu,
da starb Lenores  Manne.
Des Kaisers Kugel traf im Nu,
so zog das Glück von dannen -

versehentlich, auf hoher  Jagd,
fiel Krumaus Fürst vom Pferde.
Der Kaiser, von der Reu‘ geplagt,
erwies der Witwe Ehre.

Er nahm den Spross der Wölfin auf
und lehrte ihn das Leben.   
Lenore nahm’s nicht gern in Kauf
und ließ sich reichlich geben.

Fünftausend Gulden jedes Jahr,
erhielt sie bald als Rente.
Doch ihre Freude schwand, fürwahr,
schon schien ihr Heil zu Ende.

Sie wirkte krank und ausgezehrt,
ergab sich dem Okkulten.
Das Volk sah sie als Krankheitsherd,
beinah kam’s zu Tumulten.

Schwester der Finsternis, Tochter des Unheils!
Was du verbrochen hast, harrt noch des Urteils!
Wolfsmilch verzehrte dich, nahm deine Seele,
weil dich der Teufel zum Weibe erwählte!  

Was fehlte ihr, der Teufelsbraut?
Geriet sie zur Vampirin?
Symptome schienen wohl vertraut,
so gab sie sich dem Tod hin.

Mit jedem Tag verlor sie Kraft,
und nachts sprach sie Gebete.
Von Gottes harter Hand bestraft,
gewann sie, was sie säte.   

Bevor sie starb, zog sie nach Wien -
ein letztes Aufbegehren!
Das Ende kam, die Magd verging,
der Adel zog die Lehren.

Man trennte ihr den Schädel ab
Und schnitt ihr Herz in Stücke.
Dann schickte man der Fürstin Sarg,
nach Böhmen schnell zurücke.

In Krumau setzte man sie bei,
ganz ohne Prunk und Pathos.
Man mauerte den Leichnam ein,
auf dass die Gruft ihn einschloss.

Schwester der Finsternis, Tochter des Unheils!
Was du verbrochen hast, harrt noch des Urteils!
Deine Gebeine sind sicher vermauert,
dort, wo bis heute dein Atem noch lauert.

Anmerkung des Autors:
Die Gebeine der Eleonora Schwarzenberg liegen
ohne Hinweis auf ihren Adelsstand in einer
Krumauer Kapelle begraben. Das Grab trägt
Die Inschrift: „Hier liegt die arme Sünderin
Eleonora, bittet für sie.“

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